Datenbewusstsein: Unterschied zwischen den Versionen

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Datenbewusstsein ist ein didaktisches Konzept für die informatische Allgemeinbildung. Mit Datenbewusstsein verfolgen wir das Ziel, Lernende verschiedener Altersstufen allgemeinbildender Schulen zu befähigen, in einer Interaktion mit einem datengetriebenen digitalen Artefakt zu erkennen, welche Daten über sie erhoben und zu welchen Zwecken diese verarbeitet werden. Als Leitfrage kann dazu dienen: Wo, wie und wozu werden persönliche Daten erhoben und verarbeitet? Aktuelle Studien zeigen auf, dass Lernende ein mangelndes Verständnis dieser Prozesse der Datenerhebung und -verarbeitung haben (vgl. <ref>Tedre, M., Vartiainen, H., Kahila, J., Toivonen, T., Jormanainen, I., & Valtonen, T. (2020). Machine Learning Introduces New Perspectives to Data Agency in K—12 Computing Education. ''2020 IEEE Frontiers in Education Conference (FIE)'', 1–8. https://doi.org/10/ghrk22</ref> und <ref>Pangrazio, L., & Selwyn, N. (2019). ‘Personal data literacies’: A critical literacies approach to enhancing understandings of personal digital data. ''New Media & Society'', ''21''(2), 419–437. https://doi.org/10/gd8cbh</ref>).   
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Datenbewusstsein ist ein didaktisches Konzept für die informatische Allgemeinbildung<ref name=":0">Höper, Lukas & Schulte, Carsten, (2021). Datenbewusstsein: Aufmerksamkeit für die eigenen Daten. In: Humbert, L. (Hrsg.), INFOS 2021 – 19. GI-Fachtagung Informatik und Schule. Gesellschaft für Informatik, Bonn. (S. 73-82). DOI: [[doi:10.18420/infos2021_f235|10.18420/infos2021_f235]]</ref><ref name=":1">Höper, L. & Schulte, C., (2021). Datenbewusstsein im Kontext digitaler Kompetenzen für einen selbstbestimmten Umgang mit datengetriebenen digitalen Artefakten. In: Gesellschaft für Informatik (Hrsg.), INFORMATIK 2021. Gesellschaft für Informatik, Bonn. (S. 1623-132).DOI: [[doi:10.18420/informatik2021-136|10.18420/informatik2021-136]]</ref>. Mit Datenbewusstsein verfolgen wir das Ziel, Lernende verschiedener Altersstufen allgemeinbildender Schulen zu befähigen, in einer Interaktion mit einem [[Datengetriebenes digitales Artefakt|datengetriebenen digitalen Artefakt]] zu erkennen und zu verstehen, welche Daten über sie erhoben, wie sie verarbeitet und zu welchen Zwecken sie verarbeitet und verwendet werden. Als Leitfrage kann dazu dienen: "Wo, wie und wozu werden persönliche Daten erhoben und verarbeitet?" Aktuelle Studien zeigen auf, dass Lernende ein mangelndes Verständnis und Bewusstsein über diese Prozesse der Datenerhebung und -verarbeitung haben.   
  
===Konzept Datenbewusstsein===
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===Kurzer Überblick zum Konzept Datenbewusstsein===
 
[[Datei:Datenbewusstsein-Modellbild.png|mini|385x385px|alternativtext=|Modellhafte Darstellung zum Konzept Datenbewusstsein, entnommen aus <ref name=":0" />]]
 
[[Datei:Datenbewusstsein-Modellbild.png|mini|385x385px|alternativtext=|Modellhafte Darstellung zum Konzept Datenbewusstsein, entnommen aus <ref name=":0" />]]
Im Alltag interagieren wir tagtäglich mit digitalen Artefakten, die dabei Daten erheben und verarbeiten. Dessen Funktionsweise ist häufig "datengetrieben", sie verändern also etwa nach Verarbeitung erhobener Daten die Ausgabe während der Interaktion. Diese Artefakte nennen wir ''[[datengetriebene digitale Artefakte]]''. Beispiele dafür sind etwa Captchas bei der Registrierung bei einem Onlinedienst, eine Suchmaschine oder etwa ein Streamingdienst. Bei all diesen Beispielen (allgemein: bei allen datengetriebenen digitalen Artefakten) werden Daten erhoben und generiert sowie verwendet und verarbeitet. Die Daten können einerseits (i.d.R. bewusst) durch Nutzer:innen eingegeben werden, wie etwa der eigene Name bei der Erstellung eines Profils auf einer Plattform oder ein Foto bei einem Post in einem sozialen Netzwerk - diese Erhebung von Daten nennen wir ''explizit''. Bei den Interaktionen mit datengetriebenen digitalen Artefakten werden andererseits massenhaft Daten etwa durch Beobachtung und Tracking erhoben, wie beispielsweise das Klickverhalten, dessen sich Nutzer:innen oft nicht bewusst sind - diese Erhebung von Daten nennen wir ''implizit''. Die erhobenen Daten werden mit verschiedenen Methoden und Technologien (u.a. des maschinellen Lernens) verarbeitet, um etwa Datenmodelle zu erzeugen. Diese Datenmodelle sind etwa Personenprofile oder auch digitale Doppelgänger, welche durch Zusammensetzen - v.a. implizit - erhobener Daten konstruiert werden und den Nutzer bzw. die Nutzerin anhand spezifischer Merkmale darstellt und widerspiegelt. Die erhobenen Daten und konstruierten digitalen Doppelgänger können im Wesentlichen zu zwei Arten von Zwecken verarbeitet werden: (1) Verwendung und Verarbeitung von Daten, die für das Betreiben von Funktionen des ddA technisch notwendig sind (''primäre Zwecke'') und (2) womit weitergehende, wie etwa kommerzielle Zwecke, verfolgt oder Weiterentwicklungen eines ddAs untersucht werden können (''sekundäre Zwecke'').
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Im Alltag interagieren wir tagtäglich mit digitalen Artefakten, die dabei Daten erheben und verarbeiten. Dessen Funktionsweise ist häufig "datengetrieben", sie verändern also etwa nach Verarbeitung erhobener Daten die Ausgabe während der Interaktion. Diese Artefakte nennen wir ''[[Datengetriebenes digitales Artefakt|datengetriebene digitale Artefakte]]''. Beispiele dafür sind etwa Captchas bei der Registrierung bei einem Onlinedienst, eine Suchmaschine oder etwa ein Streamingdienst. Bei all diesen Beispielen (allgemein: bei allen datengetriebenen digitalen Artefakten) werden Daten erhoben und generiert sowie verwendet und verarbeitet.
  
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Die (persönlichen) Daten werden auf verschiedene Art und Weisen erhoben oder generiert und für verschiedene Zwecke verarbeitet und verwendet. Dazu unterscheiden wir etwa zwischen ''explizit'' und ''implizit erhobenen Daten'' und die Verarbeitungs- und Verwendungszwecke unterscheiden wir hinsichtlich ''primären'' und ''sekundären Zwecke''. Die erhobenen Daten werden mit verschiedenen Methoden und Technologien (u.a. des maschinellen Lernens) verarbeitet, um etwa Datenmodelle zu erzeugen. Diese Datenmodelle sind etwa Personenprofile oder auch ''digitale Doppelgänger'', welche durch Zusammensetzen - v.a. implizit - erhobener Daten konstruiert werden und den Nutzer bzw. die Nutzerin anhand spezifischer Merkmale darstellt und widerspiegelt.
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===== Explizit und implizit erhobene Daten =====
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Im Konzept Datenbewusstsein wurden die Begrifflichkeiten der ''explizit'' und ''implizit erhobenen Daten'' eingeführt<ref name=":0" /><ref name=":1" />. Diese stehen in der Regel in der Verbindung zum Nutzenden - oft stellen sie personenbezogene Daten dar. Die explizit erhobenen Daten sind jene, die der Nutzende direkt und aktiv eingegeben bzw. erzeugt hat. Darüber sind sich Nutzende in der Regel bewusst. Dies sind zum Beispiel bei Social Media Plattformen gepostete Texte und Bilder, bei einer Suchmaschine etwa der Suchbegriff oder beim Telefonieren über das Mobilfunknetz die Telefonnummer desjenigen, den man anrufen möchte. Im Gegensatz dazu, werden implizit erhobene Daten indirekt durch Beobachtung (Tracking) oder Verarbeitung bereits erhobener Daten erhoben und generiert. Dieser Datenerhebung sind sich Nutzende oft nicht bewusst. Diese Daten werden während der Nutzung eines datengetriebenen digitalen Artefakts „nebenbei“ erhoben oder generiert. Im Beispiel der Social Media Plattform sind dies etwa Likes und Klicks, bei der Suchmaschine etwa Klicks auf Suchergebnisse oder beim Telefonieren über das Mobilfunknetz etwa Standortdaten der verbundenen Basisstationen. 
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===== Primäre und sekundäre Zwecke der Verarbeitung und Verwendung =====
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Im Konzept Datenbewusstsein wurden ebenfalls die Begrifflichkeiten der ''primären'' und ''sekundären Zwecke'' der Verarbeitung und Verwendung erhobener Daten eingeführt<ref name=":0" /><ref name=":1" />. Diese beziehen sich auf die Verarbeitung und Verwendung von Daten über einen Nutzenden, die bei der Nutzung von datengetriebenen digitalen Artefakten erhoben werden. ''Primäre'' und ''sekundäre Zwecke'' beziehen sich auf die Intention, mit der diese zuvor erhobenen Daten verarbeitet und verwendet werden. Primäre Zwecke umfasst, dass die erhobenen Daten dazu verarbeitet und verwendet werden, um das datengetriebenen digitalen Artefakten mit den Features anbieten zu können. Diese beziehen sich auf einer Nutzerperspektive auf die Verarbeitung und Verwendung: Die Daten werden verarbeitet und verwendet, um Nutzenden Features anbieten zu können. Im Beispiel der Suchmaschine ist dies etwa das Anzeigen von Suchergebnissen. Auch inbegriffen wäre, wenn die Suchergebnisse personalisiert geordnet werden. Im Sinne des Features für den Nutzenden würde dies bedeuten, dass der Nutzende gerade die Ergebnisse angezeigt bekommt, die für ihn idealerweise relevant sind. Sekundäre Zwecke bedeutet, dass die Daten verarbeitet und verwendet werden, um andere/weitere Zwecke zu verfolgen – z.B. weitere wirtschaftliche oder wissenschaftliche Zwecke. Diese „Zweitverwertung“ der Daten bezieht sich auf einer Anbieterperspektive auf die Verarbeitung und Verwendung der erhobenen Daten: Wozu kann ein Anbieter eines datengetriebenen digitalen Artefakts die erhobenen Daten noch nutzen? Im Kontext von Streamingdiensten (z.B. Spotify) könnte dies etwa umfassen, dass Nutzungsdaten (z.B. gehörte Musik) zur Analyse der Emotionen der Nutzenden verwendet werden.
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===== Ziel von Datenbewusstsein =====
 
Das Konzept Datenbewusstsein zielt nun darauf ab, ein Bewusstsein für diese Datenerhebungs- und Datenverarbeitungsprozesse zu entwickeln. Lernende sollen also während einer Interaktion mit einem datengetriebenen digitalen Artefakt in der Lage sein, vom eigentlichen Handlungsinteresse abzusehen und das explizite und implizite Erheben von Daten zu erkennen und zu überlegen, zu welchen primären und sekundären Zwecken diese verarbeitet werden können. Dadurch sollen die Lernenden befähigt werden, datengetriebene digitale Artefakte und die Interaktion mit diesen zu bewerten und letztendlich selbstbestimmt und bewusst mit diesen interagieren zu können.
 
Das Konzept Datenbewusstsein zielt nun darauf ab, ein Bewusstsein für diese Datenerhebungs- und Datenverarbeitungsprozesse zu entwickeln. Lernende sollen also während einer Interaktion mit einem datengetriebenen digitalen Artefakt in der Lage sein, vom eigentlichen Handlungsinteresse abzusehen und das explizite und implizite Erheben von Daten zu erkennen und zu überlegen, zu welchen primären und sekundären Zwecken diese verarbeitet werden können. Dadurch sollen die Lernenden befähigt werden, datengetriebene digitale Artefakte und die Interaktion mit diesen zu bewerten und letztendlich selbstbestimmt und bewusst mit diesen interagieren zu können.
  
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*'''Wie…?''' Wie werden persönliche Daten in den Interaktionen mit einem datengetriebenen Informatiksystemen erhobenen und generierten und wie werden diese Daten verarbeitet? (bzw. wie können (automatisierte) Datenverarbeitungsprozesse aussehen?)
 
*'''Wie…?''' Wie werden persönliche Daten in den Interaktionen mit einem datengetriebenen Informatiksystemen erhobenen und generierten und wie werden diese Daten verarbeitet? (bzw. wie können (automatisierte) Datenverarbeitungsprozesse aussehen?)
 
*'''Wozu…?''' Zu welchen Zwecken werden die Daten gesammelt und verarbeitet; ist es ein primärer Zweck zum Betreiben des datengetriebenen Informatiksystems oder ist es ein sekundärer Zweck?
 
*'''Wozu…?''' Zu welchen Zwecken werden die Daten gesammelt und verarbeitet; ist es ein primärer Zweck zum Betreiben des datengetriebenen Informatiksystems oder ist es ein sekundärer Zweck?
 
 
Das Konzept Datenbewusstsein stellten wir unter anderem in unserem Beitrag auf der INFOS 2021 vor: <ref name=":0">Höper, Lukas & Schulte, Carsten, (2021). Datenbewusstsein: Aufmerksamkeit für die eigenen Daten. In: Humbert, L. (Hrsg.), INFOS 2021 – 19. GI-Fachtagung Informatik und Schule. Gesellschaft für Informatik, Bonn. (S. 73-82). DOI: [[doi:10.18420/infos2021_f235|10.18420/infos2021_f235]]</ref>
 
  
 
===Unterrichtsmaterialien zur Förderung von Datenbewusstsein in allgemeinbildenden Schulen===
 
===Unterrichtsmaterialien zur Förderung von Datenbewusstsein in allgemeinbildenden Schulen===
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*'''Unterrichtsmaterialien für die Jahrgangsstufen 5 und 6 aller Schulformen:'''
 
*'''Unterrichtsmaterialien für die Jahrgangsstufen 5 und 6 aller Schulformen:'''
**[[Exploration von Standortdaten - Klasse 5 und 6|Exploration von Standortdaten in Klasse 5 und 6]]
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**[[Exploration von Standortdaten aus dem Mobilfunknetz - Klasse 5 und 6|Exploration von Standortdaten aus dem Mobilfunknetz in Klasse 5 und 6]]
 
*'''Unterrichtsmaterialien für die Jahrgangsstufen 8 bis 10 aller Schulformen:'''
 
*'''Unterrichtsmaterialien für die Jahrgangsstufen 8 bis 10 aller Schulformen:'''
 
**[[Exploration von Standortdaten - Klasse 8 bis 10|Exploration von Standortdaten in Klasse 8 bis 10]]
 
**[[Exploration von Standortdaten - Klasse 8 bis 10|Exploration von Standortdaten in Klasse 8 bis 10]]

Version vom 8. April 2022, 13:46 Uhr

Datenbewusstsein ist ein didaktisches Konzept für die informatische Allgemeinbildung[1][2]. Mit Datenbewusstsein verfolgen wir das Ziel, Lernende verschiedener Altersstufen allgemeinbildender Schulen zu befähigen, in einer Interaktion mit einem datengetriebenen digitalen Artefakt zu erkennen und zu verstehen, welche Daten über sie erhoben, wie sie verarbeitet und zu welchen Zwecken sie verarbeitet und verwendet werden. Als Leitfrage kann dazu dienen: "Wo, wie und wozu werden persönliche Daten erhoben und verarbeitet?" Aktuelle Studien zeigen auf, dass Lernende ein mangelndes Verständnis und Bewusstsein über diese Prozesse der Datenerhebung und -verarbeitung haben.

Kurzer Überblick zum Konzept Datenbewusstsein

Modellhafte Darstellung zum Konzept Datenbewusstsein, entnommen aus [1]

Im Alltag interagieren wir tagtäglich mit digitalen Artefakten, die dabei Daten erheben und verarbeiten. Dessen Funktionsweise ist häufig "datengetrieben", sie verändern also etwa nach Verarbeitung erhobener Daten die Ausgabe während der Interaktion. Diese Artefakte nennen wir datengetriebene digitale Artefakte. Beispiele dafür sind etwa Captchas bei der Registrierung bei einem Onlinedienst, eine Suchmaschine oder etwa ein Streamingdienst. Bei all diesen Beispielen (allgemein: bei allen datengetriebenen digitalen Artefakten) werden Daten erhoben und generiert sowie verwendet und verarbeitet.

Die (persönlichen) Daten werden auf verschiedene Art und Weisen erhoben oder generiert und für verschiedene Zwecke verarbeitet und verwendet. Dazu unterscheiden wir etwa zwischen explizit und implizit erhobenen Daten und die Verarbeitungs- und Verwendungszwecke unterscheiden wir hinsichtlich primären und sekundären Zwecke. Die erhobenen Daten werden mit verschiedenen Methoden und Technologien (u.a. des maschinellen Lernens) verarbeitet, um etwa Datenmodelle zu erzeugen. Diese Datenmodelle sind etwa Personenprofile oder auch digitale Doppelgänger, welche durch Zusammensetzen - v.a. implizit - erhobener Daten konstruiert werden und den Nutzer bzw. die Nutzerin anhand spezifischer Merkmale darstellt und widerspiegelt.

Explizit und implizit erhobene Daten

Im Konzept Datenbewusstsein wurden die Begrifflichkeiten der explizit und implizit erhobenen Daten eingeführt[1][2]. Diese stehen in der Regel in der Verbindung zum Nutzenden - oft stellen sie personenbezogene Daten dar. Die explizit erhobenen Daten sind jene, die der Nutzende direkt und aktiv eingegeben bzw. erzeugt hat. Darüber sind sich Nutzende in der Regel bewusst. Dies sind zum Beispiel bei Social Media Plattformen gepostete Texte und Bilder, bei einer Suchmaschine etwa der Suchbegriff oder beim Telefonieren über das Mobilfunknetz die Telefonnummer desjenigen, den man anrufen möchte. Im Gegensatz dazu, werden implizit erhobene Daten indirekt durch Beobachtung (Tracking) oder Verarbeitung bereits erhobener Daten erhoben und generiert. Dieser Datenerhebung sind sich Nutzende oft nicht bewusst. Diese Daten werden während der Nutzung eines datengetriebenen digitalen Artefakts „nebenbei“ erhoben oder generiert. Im Beispiel der Social Media Plattform sind dies etwa Likes und Klicks, bei der Suchmaschine etwa Klicks auf Suchergebnisse oder beim Telefonieren über das Mobilfunknetz etwa Standortdaten der verbundenen Basisstationen.

Primäre und sekundäre Zwecke der Verarbeitung und Verwendung

Im Konzept Datenbewusstsein wurden ebenfalls die Begrifflichkeiten der primären und sekundären Zwecke der Verarbeitung und Verwendung erhobener Daten eingeführt[1][2]. Diese beziehen sich auf die Verarbeitung und Verwendung von Daten über einen Nutzenden, die bei der Nutzung von datengetriebenen digitalen Artefakten erhoben werden. Primäre und sekundäre Zwecke beziehen sich auf die Intention, mit der diese zuvor erhobenen Daten verarbeitet und verwendet werden. Primäre Zwecke umfasst, dass die erhobenen Daten dazu verarbeitet und verwendet werden, um das datengetriebenen digitalen Artefakten mit den Features anbieten zu können. Diese beziehen sich auf einer Nutzerperspektive auf die Verarbeitung und Verwendung: Die Daten werden verarbeitet und verwendet, um Nutzenden Features anbieten zu können. Im Beispiel der Suchmaschine ist dies etwa das Anzeigen von Suchergebnissen. Auch inbegriffen wäre, wenn die Suchergebnisse personalisiert geordnet werden. Im Sinne des Features für den Nutzenden würde dies bedeuten, dass der Nutzende gerade die Ergebnisse angezeigt bekommt, die für ihn idealerweise relevant sind. Sekundäre Zwecke bedeutet, dass die Daten verarbeitet und verwendet werden, um andere/weitere Zwecke zu verfolgen – z.B. weitere wirtschaftliche oder wissenschaftliche Zwecke. Diese „Zweitverwertung“ der Daten bezieht sich auf einer Anbieterperspektive auf die Verarbeitung und Verwendung der erhobenen Daten: Wozu kann ein Anbieter eines datengetriebenen digitalen Artefakts die erhobenen Daten noch nutzen? Im Kontext von Streamingdiensten (z.B. Spotify) könnte dies etwa umfassen, dass Nutzungsdaten (z.B. gehörte Musik) zur Analyse der Emotionen der Nutzenden verwendet werden.

Ziel von Datenbewusstsein

Das Konzept Datenbewusstsein zielt nun darauf ab, ein Bewusstsein für diese Datenerhebungs- und Datenverarbeitungsprozesse zu entwickeln. Lernende sollen also während einer Interaktion mit einem datengetriebenen digitalen Artefakt in der Lage sein, vom eigentlichen Handlungsinteresse abzusehen und das explizite und implizite Erheben von Daten zu erkennen und zu überlegen, zu welchen primären und sekundären Zwecken diese verarbeitet werden können. Dadurch sollen die Lernenden befähigt werden, datengetriebene digitale Artefakte und die Interaktion mit diesen zu bewerten und letztendlich selbstbestimmt und bewusst mit diesen interagieren zu können.

Hinsichtlich der Leitfrage „Wo, wie und wozu werden persönliche Daten gesammelt und verarbeitet?“ könnten etwa folgende Fragen gestellt werden:

  • Wo…? In welchen Interaktionen werden Daten gesammelt und verarbeitet?
  • Wie…? Wie werden persönliche Daten in den Interaktionen mit einem datengetriebenen Informatiksystemen erhobenen und generierten und wie werden diese Daten verarbeitet? (bzw. wie können (automatisierte) Datenverarbeitungsprozesse aussehen?)
  • Wozu…? Zu welchen Zwecken werden die Daten gesammelt und verarbeitet; ist es ein primärer Zweck zum Betreiben des datengetriebenen Informatiksystems oder ist es ein sekundärer Zweck?

Unterrichtsmaterialien zur Förderung von Datenbewusstsein in allgemeinbildenden Schulen

Neben dem Konzept Datenbewusstsein entwickeln wir ein Forschungsinstrument und beforschen damit verschiedene Unterrichtsmaterialien, die wir für die Förderung von Datenbewusstsein in den Klassen 5/6 und 8-10 allgemeinbildender Schulen entwickeln. Wir sind sehr an gemeinsamen Erprobungen der Unterrichtsmaterialien und Austausch über das Konzept Datenbewusstsein interessiert; kontaktieren Sie dazu gerne Lukas Höper aus der Didaktik der Informatik.

Nachfolgend listen wir die verschiedenen entwickelten Unterrichtsmaterialien für die Förderung von Datenbewusstsein auf.

Referenzen

  1. 1,0 1,1 1,2 1,3 Höper, Lukas & Schulte, Carsten, (2021). Datenbewusstsein: Aufmerksamkeit für die eigenen Daten. In: Humbert, L. (Hrsg.), INFOS 2021 – 19. GI-Fachtagung Informatik und Schule. Gesellschaft für Informatik, Bonn. (S. 73-82). DOI: 10.18420/infos2021_f235
  2. 2,0 2,1 2,2 Höper, L. & Schulte, C., (2021). Datenbewusstsein im Kontext digitaler Kompetenzen für einen selbstbestimmten Umgang mit datengetriebenen digitalen Artefakten. In: Gesellschaft für Informatik (Hrsg.), INFORMATIK 2021. Gesellschaft für Informatik, Bonn. (S. 1623-132).DOI: 10.18420/informatik2021-136